Sind Sie nahe am Wasser gebaut? Und wie viel Emotionen gibt es in Ihrem Alltag? Ich persönlich würde mich eher zum Typ Mensch zählen, bei dem es sehr viel braucht, bis ich mal weine. Trotzdem gibt es im Leben diese Ereignisse, welche für Jede/n eine gewisse Instabilität und Labilität bereitstellen. So zum Beispiel ein Umzug und Kulturwechsel und das Einleben danach, der sogenannte "Transitioning-Prozess". Er wird auf der psychosozialen Belastungsebene meist als «mittelschwer» eingestuft. Ein Umzug mit der ganzen Familie in ein fremdes Land wiegt da wohl noch etwas schwerer.
Ich persönlich habe mich sehr auf unseren Umzug und die Veränderung gefreut. Trotzdem war der Verlust des Vertrauten, das Aufgeben von sozialen Kontakten wie Nachbarn und Kollegen und der Stress des Umzugs dann intensiver, als ich gedacht hätte. Dazu habe ich erfahren, dass ich zum «post grieving» tendiere – die Trauer und das Loslassen kam erst nach dem Ankommen zum Vorschein.
Wenn die anstrengenden Wochen des Sortierens und Packens durch sind und man mit den Kindern am neuen Ort angekommen ist, tauchen ganz alltägliche Fragen auf wie: «Wo finde ich den nächsten Einkaufsladen, welche Kehrichtmarken werden hier verwendet und wann wird der Müll abgeholt?» So trivial und einfach diese auch klingen, sie führen ebenfalls in eine gewisse Unsicherheit.
Seien Sie sich bewusst, dass in solchen Übergangssituationen die Emotionen schneller an die Oberfläche treten können und der Umgang mit ihnen herausfordernd und anstrengend sein kann. Ein bewusstes Emotionsmanagement schafft hier Abhilfe.
Folgende Strategien und Techniken helfen, eine gute Selbstregulation einzuüben und somit für Ihre Familie die nötigen Ressourcen zur Verfügung zu haben und für sich selbst ein gesundes Gleichgewicht aufzubauen.
Achtsamkeit: Eine der besten Methoden, um achtsamer zu leben, ist für mich das Aufschreiben. Ein Tagebuch zu führen (Journaling: und darf auch mit Zeichnungen und Kritzeleien versehen sein!) hilft, zu reflektieren, Gedankenspiralen zu unterbrechen und im hier und jetzt zu leben. Selbstreflexion: Besonders in einer neuen Umgebung hilft ein Spaziergang in die Natur und ein Telefongespräch mit einer Freundin, über Emotionen nachzudenken und sich selbst besser verstehen zu lernen. Unterstützung von aussen: Hilfe von aussen zu erhalten ist heutzutage dank Internet auch über grosse Distanzen online möglich. Suchen Sie sich einen Therapeuten, um ihren Emotionen auf den Grund zu kommen. Als Kunsttherapeutin habe ich die Erfahrung gemacht, dass das Malen hilft, sich auf nonverbaler Ebene besser kennen zu lernen. Bewegung und Sport: Eine gesunde Lebensweise trägt zu ihrem Wohlbefinden bei. Und nach intensiven Zeiten wie einem Umzug ist Sport eine der besten Methoden, um überschüssige Stresshormone aus dem Körper freizulassen. Diese Erkenntnisse habe ich übrigens von der Neurowissenschaftlerin Barbara Studer. Kreativität: Malen, Schreiben, Musik und Tanz helfen, Emotionen auszudrücken. Wieso nicht zusammen mit den Kindern eine Kreativstunde organisieren? Wenn alle zusammen in eine trübe Stimmung versinken, hilft es uns, zusammen zu singen und zu “blödeln”. Das Lachen befreit und gibt eine neue Perspektive.
Emotionsmanagement und ein achtsamer Umgang im Transitioning-Prozess muss geübt sein und ist ein fortlaufender Prozess. Die erwähnten Strategien sind bei weitem nicht abschliessend, aber möglicherweise ein Start für einen stärkeren Fokus.
Haben Sie Geduld mit sich selber in der Zeit des Umzugs und Kulturwechsels und suchen Sie nach den für sie am besten geeigneten Strategien. Das Transitioning im neuen Land braucht Zeit (und starke Gefühle können in den unmöglichsten Situationen auftreten).
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